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Montag, 28. Juli 2014

Über den Pflaumenbäumen ...

... das bedeutet der Name "Upflamör" eigentlich. Ich habe zwar im Garten unterhalb des alten Landschulheims, das unseren Kurs immer beherbergt, nur Apfelbäume gesehen, aber im Grund ist es ziemlich egal, welche Bäume in der Gegend herumstehen, weil wir sowieso nie Zeit haben, genauer nachzusehen, und Apfelbäume sind ja auch hübsch ...


Aber kaum ein Satz geschrieben, schon bin ich wieder vom Thema abgeschweift, abgeschwiffen, abgedriftet. Einige meiner LeserInnen haben das schon moniert: Endlos lange Posts, blabla, so dass erst die Urenkel sie fertig lesen können etc. etc. Also habe ich beschlossen, ein bisschen zu kürzen, ich versuche es wenigstens: 

Freitag morgen / Wetter herrlich /
Fahrt nach Schwaben / Sehr beschwerlich /
Erst ein Stau / bei Mindelheim /
Nur eine Spur / Darf das denn sein?
Sonne brennt herab unsäglich /
Kleidung langsam unerträglich /
Ernte ist in vollem Gange /
Deshalb dauert Fahrt so lange /
Endlich Biberach erreicht /
Fahrerin ganz durchgeweicht /
Nach Stunden endlos heißer Qual /
Winkt Upflamör herab ins Tal /
Auto parken und entladen /
Fahrerin ist durchgebraten /

So weit, so gut. Einmal angekommen in Upflamör hat sich der Telegrammstil schon wieder aus dem Staub gemacht. Über Upflamör kann man eben nur in epischer Breite berichten, besonders zum Jubiläum - zehnmal hat dieses anregende, lustige, legere und angenehm chaotische Treffen schon stattgefunden.
Was war also los? Na, natürlich standen Seifen auf dem Programm, am Freitag eine mit Federswirl, Rezept von Sannyas, Farben und PÖ auch, nämlich Lavender Woods (Seife Nr. 84). Mein Swirl an sich sieht nicht sehr fedrig aus, weil ich mit zwei Trennstegen und zu dünnen weißen Schichten gearbeitet habe. Zum Schluss musste ich mir gar noch etwas Seifenleim borgen. Daher die gelben Verfüllungen.




Erinnert euch die Seife nicht auch an den Art Deco-Stil?
Beduftet habe ich nur den Leim für die beiden Seitenbereiche, aber für den Mittelbereich zu wenig unbedufteten zurückbehalten. Und da der duftende Leim sehr schnell andickte, habe ich den Rest flugs in Einzelförmchen praktiziert. Natürlich hatte ich deshalb dann zu wenig hellen Seifenleim übrig für die fedrige Mitte, daher der Art Deco-Swirl.


Bei der zweiten Seife vom Samstag hatten wir viel Spass beim Biegen der Drahtstempel für die Inverted Stamp-Technik. Die englische Bezeichnung besagt eigentlich nur, dass man mit den rasch gebogenen Stempeln Konturen aus dem viskosen Leim in die Höhe zieht und nicht eindrückt. Das ist richtig unterhaltsam, auch wenn meine Seife (Seife Nr. 85) nicht danach aussieht. Bei der nächsten werde ich vielleicht weniger rumjuxen und ein bisschen sorgfältiger "nlepmets".


Die verwendete Farbe heisst "Aqua", aber "Entengrützenpfütze" wäre wesentlich passender. Doch vielleicht ist die Farbe selbst ja ganz unschuldig, und ich hätte einfach nur mehr davon nehmen müssen. Die Haifischchen schauen jedenfalls sehr missmutig, weil sie in einer nach PÖ duftenden, missfarbenen Seife herumdümpeln müssen. Und Beute gibt es auch keine. Dabei schaut der Drahthai ja noch ganz hoffnungsfroh, der Arme. Das war, bevor er meine Seife gesehen hat! Ähm, und welches PÖ ich mir gegriffen habe, weiß ich schon wieder einmal nicht mehr. Ich habe den Zettel verlegt.



Die Blumenstängel habe ich mir zwar auch zurecht gebogen, aber verwendet habe ich sie noch nicht. Mal sehen, vielleicht habe ich ja Lust, irgendwann, auf eine Mädelsseife. Dann hoffentlich mit einer etwas ansprechenderen Färbung.
Silikonmatten standen noch auf dem Programm. Und wenn alle der Meinung sind, dass etwas unmöglich ist, muss ich das natürlich gerade ausprobieren, d.h. in diesem Fall eine goldgeprägte Papierserviette abformen. Und - es hat geklappt. Jetzt muss ich nur noch herausfinden, ob das Relief tief genug ist, um in einer Seife zur Geltung zu kommen. Und hoffentlich erzeugt das hängengebliebene Goldzeugs keine Ranz!



Ich habe zwischendrin auch ein bisschen die Herstellung von Bügelpapier und das Nunofilzen demonstriert. Da sind ein paar sehr schöne Papiere und Nunoschals entstanden. 
Aber das war nicht alles, bei weitem nicht. Ihr ahnt es schon: Der Perlenbrenner hat gerufen und gelockt. Und seinem Ruf erliege ich immer. Aber keine bekifften Eulen und Waldschrate und auch keine narrischen Schwammerl haben dieses Mal das Licht der Welt erblickt - nein, ich habe Kieselsteine gewickelt. Sie sehen doch wirklich nicht vollständig anders aus als die echten, oder?




Also ich bin jedenfalls ganz beschickert und kann sie gar nicht genug bestaunen. Ich konnte sie allerdings nicht sofort aus Upflamör mit nach Hause nehmen, da sie, um so richtig kieselig auszusehen, erst bei Doro in ein Bad mit Flusssäure hüpfen mussten. Ich habe schon vor Ungeduld Löcher in den Fußboden gelaufen, und dann kamen sie an, in einem coolen selbstgenähten Tapetenumschlag mit kuscheligem Futter ...


... und einer wunderhübschen Extraperle - schön! Vielen Dank, Doro.


Wie immer konnte ich von Upflamör nicht wegfahren, ohne die Gegend noch ein bisserl zu erkunden. Als ich auf meinem Weg zum Federsee an der Bachritterburg in Kanzach vorbeikam, musste ich sie mir natürlich ansehen. Hier wurde eine kleine Burg des niederen Adels vom Beginn des 14. Jahrhunderts nachgebaut, wie sie in der unmittelbaren Nachbarschaft tatsächlich bestanden hat. Ob sie wirklich so ausgesehen hat, wer weiß?


Man wundert sich aber, wie so ein kleiner Holzturm einen Herrschaftsanspruch untermauern konnte. Wahrscheinlich beeindruckte die Menschen aus den niedrigen Hütten alleine schon die schiere Höhe des Baus.
Im Wohn- und Wehrturm ist dann alles erstaunlich hell und recht geräumig. Wie immer fragt man sich natürlich, wie nah eine sterile Rekonstruktion dem wirklichen Leben damals überhaupt kommen kann, wie viele Leute tatsächlich da wohnen und arbeiten mussten, ob nicht statt der Butzenscheiben Pergament in die Fensterrahmen gespannt war, oder ob es gar nur für hölzerne Läden vor den offenen Fenstern reichte. So kleine Ritter waren ja nicht wirklich wohlhabend.



Und wie muss man sich die Gerüche und Düfte in so einer Wohnstube vorstellen? Im Winter, am warmen Kachelofen trocknen die nassen Kleider des Ritters und seine ebenso nassen Jagdhunde, Sauerkraut wird aufgetischt, der kleinste Rittersprössling krabbelt auf dem Boden im Stroh herum, natürlich ohne Windel, und natürlich zwischen den Hühnern, die sich immer wieder aus der Kälte hierher flüchten. Und wer weiß, wie oft sich die Leute wirklich gewaschen haben, wenn es draußen kalt war und das Wasser drei Treppen hoch geschleppt werden musste. Und in der Sommerhitze waren die Gerüche gewiss nicht viel angenehmer.
Fast sicher aber haben die Wände und Decken der Burg nicht so kahl und schmucklos ausgesehen, in einer Zeit, die so schmuckfreudig war wie das Mittelalter.

Den Kachelofen fand ich in all seiner Schlichtheit toll, mein Favorit in der gemütlichen Stube war aber eindeutig ein tönernes Aquamanile in Form einer Katze oder eines Löwen, das ist doch echt nett.


Schließlich, Tonkrug hin oder her, bin ich weiter bis an den Federsee getuckert.
Eine geheimnisvolle Landschaft voller Mädesüß mit seinem betörenden Duft, ganze Wiesen voll ...


... Mädesüß, Birken und Schilf ...


... Schilf, soweit das Auge reicht und ein Holzsteg, der lang auf den See hinausführt ...



... durch den ausgedehnten Schilfgürtel. Die Wolken sind schön anzusehen, aber auch ohne Sonne ist es drückend schwül.
Bis auf ein paar Leute, die sich lachend unterhalten, ist es still. Das Schilf schluckt die Gespräche der Passanten und erzählt sich lieber selbst, leise wispernd, uralte Geschichten vom See und seinen Menschen.

Die Mittagshexe raschelt ungeduldig, eine etwas unheimliche Rast auf der Holzbank, umwogt vom Schilf, Libellen im Jagdflug, lauter schöne, und nur von den wenigstens könnte ich die Art benennen.



Vor mir und hinter mir der Steg, irgendwo ganz fern knickt er ab und wechselt die Richtung.


Ab und an ein kleiner Seitensteg mit einem Bootshaus:


Bittersüßer Nachtschatten sorgt für bunte Tupfer:


Endlich offenes Wasser, ein bisschen Luftbewegung.



Auch Schwäne brauchen manchmal ihren Schönheitsschlaf und nehmen sich selbst als Federkissen. Das sieht so gemütlich aus.


Vor der Heimreise noch ein Abstecher ins Federseemuseum. Die Kunstfertigkeit der Menschen in den alten Zeiten kann man nur bewundern:
Elegant geschwungene Paddel ...



... Netze, bei denen man noch nach Jahrtausenden erkennt, wie sie geknüpft worden sind. Wie viel Arbeit in so einem Netz steckt! Flachs pflanzen und ernten, vorbereiten, spinnen, Netz knüpfen - damals kostbar wegen der aufgewendeten Arbeit, heute als seltenes Relikt einer Zeit, in der man alles Lebensnotwendige selbst erzeugen musste.


Und natürlich wieder die Kelten mit ihrem Gespür für Design. Der große Vogel ist die Hälfte eines Feuerbocks, der einer Gottheit geopfert worden ist, heute Bestandteil des Museumslogos und einfach elegant.


Aber irgendwann wird selbst der eifrigste Reisende müde und strebt nach Hause. So auch ich, zufrieden, angeregt und schon gespannt auf Upflamör Nr. 11. Schön war's wieder, und diesmal hatte ich sogar einen Freiplatz, mein Dank an Sannyas und Andrea. Bis zum nächsten Mal!
Hm ja, das ist wieder ein sehr langer Post geworden, ich weiß, aber spätestens bis zum nächsten Upflamör habt ihr ihn vielleicht gelesen. Und wenn nicht - eure Urenkel werden euch meine Ergüsse sicher liebend gerne vorlesen, wenn ihr mit einer warmen Decke im Schaukelstuhl sitzt und euren Kamillentee schlürft. Und dabei wisst ihr noch nicht einmal, wie viele hundert Schilf- und Glaskieselbilder ich euch erspart habe. Sagt also bloß nicht, ich hätte mich nicht kurz gefasst!

miscellanea

5 Kommentare:

  1. Welch ein Dichter ist an Dir vorbei geschrammt... Bravo,schöner Bericht..
    LG
    Sibylle

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    1. Zum Glück für meine Leser - nur haarscharf geschrammt. Stell Dir vor, er hätte mich voll erwischt ...
      Viele Grüße
      Petra

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  2. Ein schöner und sehr interessanter Bericht! LG Angie

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  3. Mir gefallen Deine Ausschweifungen immer sehr gut und die Fotos sind auch wunderschön.
    GLG

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  4. Es war ein erfülltes und angenehm schönes Wochenende! :)

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Ich freue mich über euere Kommentare. Danke, dass ihr euch die Zeit dafür nehmt :-)))

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