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Sonntag, 31. August 2014

Hotzenplotz, Herr Wolfram und eine kleine Stadt

Mit ein bisschen Hirnverrenkung habt ihr wahrscheinlich schon erraten, wo ich in den letzten Tagen unter anderem gewesen bin. Genau. In Wolframs-Eschenbach.
Wir hatten wieder unsere jährliche Auszeit im Ansbacher Land, prall gefüllt mit Croquetturnier und Schafkopfen (beides solltest du übers Jahr etwas üben, hm), Ratschen und was das Leben sonst noch angenehm macht. Wir hatten trotz schlechter Wetterprognosen nicht wirklich viel Regen, und das Wenige hat nicht sehr gestört.


Im Gegenteil: Die Äpfel sehen im Tropfenkleid noch sehr viel appetitlicher aus als im Sonnenschein. Der Garten, er ist auch dieses Jahr wieder so voller Früchte!
Auf dem Heimweg vom Ferienhaus habe ich dann eben im Städtchen Wolframs-Eschenbach Station gemacht. Ich wollte schon dorthin, seit ich das erste Mal den Film Der Räuber Hotzenplotz mit dem unvergessenen Gert Fröbe in der Hauptrolle und Josef Meinrad als grinsend-bösartigem Zauberer Petrosilius Zwackelmann gesehen habe. Manche Kindheitserinnerungen sterben eben nie. Und die Außenaufnahmen des Films wurden in Wolframs-Eschenbach gedreht.
Gleich vorweg. Getroffen habe ich niemanden. Weder den Kasperl, noch den Seppel, noch die Großmutter. Auch Wachtmeister Dimpfelmoser und der Räuber Hotzenplotz glänzten durch Abwesenheit. Und den Zwackelmann, den hat ja schon der ... geholt. Also auch hier kein Glück.
Trotzdem war es ein netter Ausflug. Gleich am Oberen Torturm wird man sehr freundlich begrüßt, natürlich immer mit dem Hinweis auf den großen Sohn der Stadt, den Dichter Wolfram von Eschenbach


Alte, ganz ausgetretene Treppen führen auf die Stadtmauer. Wie viele kalte Nächte die Stadtwächter hier wohl verbracht haben?


Hinter der Mauer, ein bisschen geheimnisvoll, ein Obstgarten. 




Wer genauer hinschaut, kann auch die ruhende Taube auf dem Pfosten sitzen sehen. 


Überhaupt gibt es eine ganze Kette von Gärten an und auf den Stadtbefestigungen, die noch die gesamte Stadt umrunden.




Und auch innerhalb der Stadt herrscht kein Mangel an lauschigen Gärten. Könnte in diesem Häuschen nicht die Großmutter mit ihrer musizierenden Kaffeemühle wohnen?


Wie überhaupt das Städtchen den Eindruck vermittelt, als könnten die Protagonisten des Films jederzeit um die Ecke lugen.



Vermutlich wohnt am Ende dieser Turmtreppe tatsächlich jemand. Wie romantisch. Und ist dieses Häuschen nicht viel zu winzig für ein Straßenschild Hauptstraße


Wie üblich habe ich es nicht geschafft, so hoch aufragende Fachwerkhäuser - wie diese am oberen Teil der Hauptstraße - ganz auf ein Foto zu bannen.



Also beschränkt man sich eben auf die Türen, besser Portale. Denn das Städtchen hat davon eine ganze Reihe recht hübscher. 




Und eine ganze Menge schützender Madonnen in und an den Hauswänden und -ecken obendrein. 



So im Ganzen ist die Stadt eine sehr kleine, und deshalb hat es wohl auch nur zu einem klitzekleinen Deutschordensschlößchen gereicht. Es ist wirklich mikrös, im Vergleich zu seinen Gegenstücken in anderen Städten. Und es steht dazu. Aber immerhin war gleich zweimal ein Kaiser zu Besuch. 


Und das kleine Deutschordenshaus passt hervorragend in diese nette Stadt. Leider habe ich das Foto der hübschen Renaissancefassade verwackelt.
Am Unteren Torturm werden die Fachwerkhäuschen fotokompatibel klein. 


Das war wohl im Mittelalter nicht die beste Gegend der Stadt.
Der Münsterturm mit seiner hübschen Spitze aus glasierten Ziegeln aus dem 15. Jahrhundert wird zur Zeit restauriert. Hoch ragt er hinter der Zehntscheune auf.


Das Tor zur Kirche bewacht ein Türgriff in Form eines grimmigen Löwen. Grrrr. Und trotzdem muss er jedem Besucher gehorsam die Türe öffnen. Was für ein hartes Schicksal für den stolzen König der Tiere: Von niemandem gefürchtet zu werden.


Wegen der Restaurierungsmaßnahmen kann man dem sonst so entrückten Turmhahn jetzt in der Kirche direkt ins wachsame Auge blicken. Auch der stolze Gockelschwanz ist wieder angeschweißt.


Die Kirche selbst ist eine gotische Hallenkirche, unaufdringlich nüchtern, mit einem schönen Licht ...


... und geschnitzten Seitenaltären, vor denen handgearbeitete Filetspitzen hängen. Was für eine gleichmäßige Arbeit!



Besonders angetan hat es mir der rechte Seitenaltar mit der Kreuzauffindung und den Vierzehn Nothelfern.


Die Kaiserin Helena schaut alles andere als fromm in die Welt. Sie trägt einen ziemlich blasierten Gesichtsausdruck zur Schau. Und der gestutzte Geck neben ihr im kurzen Rock mit geschlitzten Ärmeln und mit seinen spitzen Schnabelschuhen sieht aus, als würde er der Kaiserin beim Tragen ihres Kleides behilflich sein. Dabei deutet er, oh so fromm, auf das wiedergefundene Kreuz. Der einzige, der wenigstens ein "amtliches" Gesicht macht und mit Interesse in Richtung der Reliquie blickt, ist der Bischof Makarios von Jerusalem. Aber von ihm darf man das wohl erwarten.
Ich mag den Detailreichtum dieser alten Kunstwerke - zu erforschen, wie die Figuren interagieren, alle die Fragen und Geschichten, die sich auftun, und den Einblick in den Alltag der Leute, wie sie sich kleideten, wie sie arbeiteten. Man könnte doch glatt ihre Kleider und Schuhe anhand dieser Schnitzerei nacharbeiten.
Die Vierzehn Nothelfer in der Predella des Altars waren auch einen zweiten Blick wert. Wenn ich nicht wüsste, dass der Drache der Hl. Margarete das überwundene Böse darstellen soll, würde ich den einfach nur putzelig und niedlich finden. Und wie er sie anhimmelt! Sie dagegen. Wahrscheinlich ist es den Guten Helfern über all die Jahrhunderte einfach schrecklich fad in ihrem Rahmen geworden. Alle vierzehn verströmen einen solchen Überdruss, dass man gar nicht wagen würde, sie durch ein Bittgebet zu stören. Was der Künstler sich wohl dabei gedacht hat?


Nicht einmal der Hl. Georg findet es noch aufregend, dass er den bösen Drachen erlegt hat. Der Hl. Eustachius und sein Hirsch scheinen gleich einzuschlafen.


Und vielleicht hat der Künstler sich verzählt. Denn es sieht so aus, als ob er den Hl. Christophorus zuerst vergessen und ihn zum Schluss neben einen Heiligen zwischen die Hl. Katharina und den Hl. Erasmus gequetscht hätte. Jedenfalls bricht der drängelnde Christusträger die dröge Reihe von Heiligen auf, die nicht einmal mehr durch die Erinnerung an erlittene Martern aus ihrem Stumpfsinn erweckt werden. Immerhin hat Katharina das Rädern überlebt, weil das Folterinstrument zerbrach, und wurde dann enthauptet. Erasmus überlebte der Legende nach das Ausdärmen mit einer Winde und die hält er auch auf diesem Bild in der Hand, den aufgewickelten Darm eingeschlossen. Ist das nicht gruselig?
Warum reicht es nie, fromm und gerecht zu leben? Warum enden diese Heiligenlegenden immer in einem Blutbad?


Genug gegruselt. Zum Abschluss meines Besuchs in der Stadt Wolframs hätte ich ihn auch noch im Museum besucht. Es war aber geschlossen.



So habe ich mich auf die Bank gesetzt und auf ihn gewartet. Aber auch Herr Wolfram ist nicht gekommen, ebensowenig wie der Kasperl oder die Fee Amaryllis.



Welch eine Enttäuschung!. Dabei hat er so einen kessen Hüftschwung und trägt so extravagante Sporen. Und man hätte sich mit ihm sicher auch über andere Dinge als Kämpfen und Saufen unterhalten können.


Na was soll's. Da bin ich eben weitergefahren und habe den Friesenfan und seinen Friesen nebst Anhang besucht. Es war ein schöner und lustiger Nachmittag mit leckerem Zwetschgenkuchen und netter Unterhaltung. Ich habe es aber trotzdem geschafft, mich auf den Nachhauseweg zu machen, bevor ich rausgeschmissen wurde. Ich will ja schließlich wieder mal vorbeikommen.

miscellanea

Freitag, 29. August 2014

Seidendrache und sonst? (Seife Nr. 88)

Ich weiß, ich weiß, fast weiße Förmchenseifen sind nicht besonders aufregend, aber ich finde sie schön und meistens recht edel. Also habe ich mich am Dienstag voriger Woche nach der Arbeit aufgerafft und eine ganz helle, ungefärbte Seidenseife gesiedet, aus folgenden Zutaten:

75g Distelöl (ölsäurereich)
640g Babassuöl (Martin)
185g Mandelöl
Eine gute Handvoll Seide und drei Teelöffel Salz für die Lauge
ÜF 5-6%
Düfte: Monoi Tiare (mit Ylang Ylang und Frangipani) und für die Drachen Herbs Ex

Die krummen Mengen sind wie immer dem Inhalt meiner Seifensiedekisten und -schubladen geschuldet und haben darüber hinaus keine weitere Bedeutung. Daher ist die Seife auch ziemlich Babassu-lastig, aber ich mag dieses appetitlich duftende Öl besonders gern, Distelöl und Mandelöl gehören sowieso zu meinen Favoriten. Mit der Seide und dem Salz dazu wird aus der Mischung wohl eine sehr pflegende Seife hervorgehen. So habe ich mir das wenigstens gedacht. Und was ist nun tatsächlich den Formen entsprungen? Guckst Du!
Zuerst natürlich die namensgebenden Drachen:


Mit ein bisschen goldener Mani-, Pedi- und Schuppenküre sehen sie doch aus wie Fuchur höchstpersönlich:


Richtig schöne Glücks- und Seidendrachen. Und dann riechen die Kerlchen auch noch so lecker nach Herbs Ex! Hmmmm!
Und wenn wir schon bei Glücksdrachen sind, können wir gleich mit Glückskatzen weitermachen. Die sind zwar normalerweise mit recht buntem Fell gesegnet und nicht einfarbig hell, aber ich musste doch eine Überleitung von Drache zu Katze finden (Katze? Das sind ausgewachsene ruhende Löwinnen! Aber was tut man nicht alles für den Textfluss). Ach, seid nicht so pingelig. Schaut lieber Bilder:



Die Löwen-Miezen, glücksbringend oder auch nicht, blicken schon ein wenig skeptisch in die Welt, aber das ist mir lieber als der süßliche Hello Kitty-Kram (Kategorie: Optische Umweltverschmutzung). Nun gut, ein bisschen niedlich sind sie trotzdem; also können sie auch einen Namen aus einem Kinderbuch vertragen: Löwine - nach Max Kruse. Die Löwe-Bücher und die dazugehörigen Geschichten aus der Augsburger Puppenkiste habe ich als Kind geliebt!
Und dann hatte ich noch Leim übrig, um die beim Formenwanderpaket im Seifentreff vor Jahrhunderten ertauschte Massage-Knubsel-Wupselform zu befüllen. Sieht ein bisschen aus wie ein Zapfen, duftet aber nicht tannig oder fichtig, sondern genau wie die Löwinnen, nach Monoi Tiare. Zwar nur leicht, aber erkennbar und zum Motiv eigentlich überhaupt nicht passend. Trotzdem sehr ansprechend! Und ein passender Name hat sich auch gleich angeschlichen: Spa


So weit mit den Seifen für dieses Mal. Ich habe ein bisschen gerechnet und mit leichtem Erschrecken festgestellt, dass sie für Weihnachten gerade richtig gereift sein werden. So was! 
Aber auch draußen in der Natur trifft man schon auf die Anzeichen, dass der Sommer endgültig vorbei ist. Dieses ganz spezielle Spätsommerlicht, das die stillen, letzten Augusttage so ein bisschen melancholisch macht.


Die Felder sind abgeerntet.
Die Birken fangen an - noch etwas verschämt und vereinzelt - ihre Blätter zu färben, wie hier in der Allee bei Wälschbuch.



Eine kleine Atempause, bevor die herbstliche Betriebsamkeit einsetzt.
Apropos Betriebsamkeit. Allein daran, dass die Winde Zeit hatte, weit mehr als zweieinhalb Meter hoch in unsere Birke zu klettern, kann man die fortgeschrittene Jahreszeit erkennen ...


... und natürlich auch, wie hervorragend gepflegt unser Garten ist. Die Echte Zaunwinde mag nämlich gerne in dichter Vegetation wachsen, vulgo: Sie bevorzugt wucherndes Gestrüpp als Gesellschaft. Aber was soll's? Wer hat schon gleich eine ca. drei Meter hohe Winde im Garten. Und hübsche Blüten hat sie auch.

miscellanea

Freitag, 15. August 2014

Nachschlag (Seife Nr. 87)

Beim Aufhübschen meiner Schichtseife vom Märzen-Upflamör sind eine Menge Seifenspäne angefallen, ebenso von der Schachtelhalmseife. Kurzentschlossen habe ich eine Reihe Kugeln und Kügelchen gedreht und am Sonntag mit dem Rest an gemahlenem Schachtelhalm und einem Schlag Kieselerde eine weitere Seife geseifelt.
Für das Rezept habe ich mir schöne, pflegende Öle gesucht:

250g Babassuöl
250g Kokosfett
250g Distelöl (ölsäurereich)
250g Rapsöl
148g NaOH
250g Wasser reduziert
Salz und Zucker für die Lauge (je drei Teelöffel)
Kieselerde für den gesamten Seifenleim, getrockneter und gemahlener Schachtelhalm für den grünlichen Teil der Seife
Farbe: Blau (VvW), Gold für die Akzente
Duft: Eine Mischung aus PÖ Green Tea und PÖ Kräuterwiese

Die Seife ist schön glatt geworden und dieses Mal sind mir die Kugeln auch nicht aus der Seife gepoppt beim Aufschneiden. Noch stecken sie fest.




Noch ist der Schachtelhalmteil grün.


Und das Blau ist, obschon zart, doch richtig blau geworden:


Es hat sogar noch für ein Probestück mit dem Silikonmättchen gereicht, das ich in Upflamör von der geprägten Serviette abgeformt habe.
 

Ist ganz gut geworden, aber mal sehen, ob das im Silikon gebliebene Gold von der Serviette die Seife ranzig werden lässt.

Aber ich bin nicht nur den Hobelresten zu Leibe gerückt, auch meine Haifische habe ich mir nochmals zur Brust genommen. Zuerst habe ich daran gedacht, die Fischkonturen einfach abzuhobeln (Yeah, me and my Seifenhobel!) und die Seifen dann zu stempeln. Aber die 
Fische sind einfach zu nett, soweit man das über Haie überhaupt sagen kann, und so durften sie bleiben. Ich habe die Seifenkanten nur ein bisschen begradigt ...


... den Tierchen etwas Gold auf Flossen und Schnuffel gepinselt ...


... und fertig ist eine etwas krumme, rustikale Piratenseife - Captain Shark lässt grüßen. Und irgendwie schauen sie gleich viel glücklicher aus, die Haie, jetzt, da sie Gold zu bewachen haben.

Vor lauter Kieselsteinen habe ich ganz vergessen, dass ich in Upflamör nicht nur solche gemacht habe, nein, ich habe auch reguläre Perlen geperlt, was bei meinen heisst, dass sie alle mehr oder weniger irregulär und krumm sind, aber wie lautet mein Perlenmantra? Genau: Ich mag sie so, ich mag sie so, ich mag sie so:


Und weil mich Doro Perlenfee so ermahnt hat, doch jetzt endlich einmal etwas aus meinen Perlen zu machen, habe ich mir zu den neuen aus Upflamör passende Perlen von vergangenen Treffen gesucht.


Vielleicht könnte ich mich ja dazu durchringen, einen Teil meiner Lieblinge ...


... auf schnöden Draht zu spießen, natürlich mit passenden Füllseln dazwischen, und als Halskette oder Armband den Unbilden der Welt auszusetzen. Mal sehen. Schön sehen sie ja aus, so aufgereiht.

Und sonst? Gestern gab es bei uns Regen und der passende Bogen erschien auch alsbald am Himmel:


Aber entweder ist Gott Heimdall etwas urlaubsreif oder er hatte einen Kater, der seine Hände zittern ließ. Jedenfalls brauchte er mehrere Anläufe, bis er seine Brücke dieses Mal gezeichnet hatte, mit eingebautem Echo sozusagen.


Er war wohl überhaupt grantig. Wie sonst könnte man sich eine bedrohliche Regenbogenstimmung erklären?



Das ist doch ein Widerspruch in sich. Ich bin nur froh, dass er bei den Göttern nicht für die Blitze zuständig ist, sondern nur mit Farbbeuteln wirft.


miscellanea
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