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Mittwoch, 15. Juni 2016

Sammelsurium im Juni mit Spinne

Alle Handarbeiten in diesem Post sind aus Material entstanden, das ich schon zu Hause hatte, sogar die Füllung für die Knochen. Fühle ich mich da nicht gleich um einen halben Meter größer? Nein, nicht wirklich. Hätte ich eine bemerkbare Kerbe in mein Handarbeits-Zeugs-Bastel-Material-Sammel-Gebirge gearbeitet, dann müsstet ihr an den Bildern entlang von hier nach Dinkelsbühl scrollen, um den Post ganz zu lesen (Ich wusste gar nicht, dass Dinkelsbühl in Südaustralien liegt, tsts). Aber gut, ein bisschen habe ich weggearbeitet, und es ist schön, die Ergebnisse dieser Arbeit so vor sich zu sehen.
Aber während ihr die Bilder schaut, kommt hier eine kleine Geschichte, die sich während der letzten vier Wochen - ungefähr - zugetragen hat. Und das hat rein gar nichts mit Handarbeiten zu tun, nur mit Spinnen.

Der Leseknochen viele ...

... auch welche mit besonders
geschmackvollen Mustern ...

... sind mir vom Nähtisch gefallen. Nun schaut nicht so
betreten, ihr Eulen! Tut lieber eure Pflicht als
Nackenstütze! Ich hätte auch einen Türstopper aus
euch nähen können.

Vielleicht habe ich es schon das eine oder andere Mal erwähnt: Ich mag keine Spinnen. Sie haben einfach zu viele Augen, zu viele Beine und meistens viel zu fette Hintern (da redet die Richtige).

Ein kleiner Rest Ikeastoff, dazu 70er-Jahre-Knöpfe
aus dem Fundus meiner Oma. Jetzt haben die auch
endlich eine Heimat gefunden.

Trotzdem sind sie ganz bemerkenswerte Tiere, effiziente Beutegreifer, die es bisher schon über 350 Millionen Jahre auf dieser Erde aushalten. Wenn wir sie betrachten, erscheinen uns ihre Gesichter fremd und unheimlich - starre Augen, Giftklauen. Aber im Prinzip sind wir im Vergleich zu ihnen die eigenartigen Neuankömmlinge auf diesem Planeten.


Das einzige Paar Socken, das 2015 fertig geworden
ist. Gearbeitet habe ich daran fast drei Jahre. Diese
Noppi-Flusi-Wolle ließ sich gar nicht schön stricken.

Nun, wie dem auch sei. Vor ein paar Wochen habe ich am Seitenspiegel meines Autos morgens ein Spinnennetz gefunden, zufällig, weil es an der Ampel in der Sonne ein bisschen glitzerte. Bei uns in der Garage gehen eine Menge Spinnen auf Insektenfang. Unterwegs auf einem staufreien Teilstück meines Arbeitsweges dann, sehe ich ein kleines Spinnderl an einem der Fäden im Fahrtwind vibrieren. Ich war sehr beeindruckt, dass ihr Faden die flotte Geschwindigkeit ausgehalten hat.


Gehäkelt habe ich den Korb nicht.
Gefilzt hat ihn die Waschmaschine.
Aber ich habe ihn zurechtgezogen,
behenkelt, gefüttert und mit
Standfüßchen versehen. Darum
hat er hier seinen Platz.

So ging es weiter. Ab da war das Spinnennetz jeden Morgen vor meinem Spiegel und die Spinne hat eisern durchgehalten und ist jeden Tag mit mir zur Arbeit gefahren. Sie ist auch gewachsen, aber trotzdem ist der Spinnfaden, auf dem sie dem Fahrtwind getrotzt hat, nie gerissen.

Ach, diese Dingerchen mag ich gern ...

... vor allem, weil sie so schnell fertig sind.

Ist das nicht beeindruckend? Für sie war mein fahrendes Auto nur etwas stürmisches Wetter. Und ich habe es tatsächlich nicht übers Herz gebracht, mein Auto durch die Waschanlage zu fahren. Ich bin ein sentimentales Huhn.

Riesennoppen mit ein bisschen Fransen ...

... erfreulich schnell fertig und so kuschelig!

Vor ein paar Tagen dann - kein Spinnennetz mehr. Am Vortag sind wir noch gemeinsam zur Arbeit gesegelt ...

Blütenblätter aus Stoffresten und Teile eines alten,
geflochtenen Mobiles als Blütenmitte

Hier bilden nicht überzogene Knopfrohlinge aus
einer ehemaligen Schneiderei die Blütenmitte

Ton in Ton und aus Seide - Das war mir fast ein
bisschen zu überkandidelt - Trotzdem: So an einem
winterkahlen, etwas rauen Ast machen sie sich gut.

... aber offensichtlich ist die autoverrückte Spinne nicht mehr mit mir nach Hause gefahren. Jedenfalls hoffe ich, dass sie bei mir in der Arbeit ausgestiegen ist. Das ist nämlich ein ausgedehntes, parkähnliches Gelände mit Büschen und schönen alten Bäumen.

Meine Lavendelvögelchen!

Haben sie nicht Beine wie die Tiller-Girls?

Natürlich könnte sie auch von einem der vielen Vögel dort von meinem Auto gepflückt worden sein. Aber diesen Gedanken möchte ich nicht weiterverfolgen.

Lavendel lässt sich auch prima in
Stoffherzen füllen

Hübsch prall, mit Spitzenresten und alten Knöpfen

Irgendwie mochte ich nämlich dieses Viech. Das hatte echt Schneid.

Gänzlich spinnenloser Spiegel - Aber die Umgebung
könnte doch so ein Spinnentier locken

Hallo, Alien!

Ich hoffe, dass sie das bekommt, was eine Spinne sich so vom Leben erhofft: Fette, proteinreiche Insekten, ein Männchen, das sie zum Fressen gern hat, und einen Kokon voller Eier - Hoffnung auf weitere 350 Millionen Jahre auf unserer Erde.
Und ich mag trotzdem keine Spinnen!

miscellanea

Samstag, 4. Juni 2016

Norne Nr. 4

Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Andere Leute holen sich einen Schnupfen, liegen ein paar Tage flach und erholen sich wieder. Ich hole mir eine Handarbeit, brenne monatelang im Fieber und erhole mich von keiner jemals so richtig.
Jetzt hat wieder eine so richtig fiese Handarbeit heimlich und hinterrücks zugeschlagen - das Spinnen. Zugegeben, ich hätte etwas merken müssen. Die Keime, vulgo Spindeln, lagen ja schon jahrelang mal in dieser, mal in jener Ecke meiner JuS-Höhle auf der Lauer. Ich habe sie auch hin und wieder zur Hand genommen, aus einer Wollflocke ein Fädchen draufgezwirbelt, ein paar mehr oder minder schwangere Regenwürmer gerollt; doch nie, wirklich niemals, hat sich etwas Ernstes getan.

Thekla, die Meisterspinnerin, wollte schon an mir
verzweifeln

Aber Anfang Mai ist mir ein schon recht filziger Bausch alter Filzwolle in die Hände gefallen, den ich von einer verstorbenen Klöppelfreundin geerbt habe. Mit dem wollte ich etwas Besonderes machen.

Bissel sehr filzig, aber bunt

Und wie es so geht, habe ich herumprobiert, mir überlegt, was ich damit anstellen könnte, und mir die sehr instruktiven Videos von Chantimanou angesehen, wieder einmal. Und plötzlich hat es gefunkt. Wie im Märchen: Schnurr, schnurr, schnurr - Dreimal gezogen. Und schon war die Spule voll. Und nicht nur einmal.

Fast nur schlankes Gewürm

Meeeeterlang!

Gut, das mit dem "Schnurr" war Rumpelstilzchen am Spinnrad und ich hatte nur eine Spindel. Trotzdem konnte ich gar nicht mehr aufhören mit Spinnen. Ich meine, ich spinne ja schon ganz ordentlich, ohne Spindel, aber jetzt erst noch mit Handwerksgerät. Jedenfalls war plötzlich das ganze Vlies in Faden verwandelt und verzwirnt, wenn auch leider nicht in einen goldenen.

Verzwirnt ...

... und zum Strang gewickelt. Nur das Braun habe ich
weggelassen.

Dann kamen die Entzugserscheinungen. Wolle, ich brauchte Wolle. Habe ich mich also aufgemacht und in den Tiefen meines Handarbeitsmaterialienbergwerks geschürft. Und bin fündig geworden: Vlies vom Coburger Fuchsschaf, das sicher schon ungefähr fünf bis sieben Jahre in einer meiner Schatztruhen auf Weiterverwendung gewartet hat. 

Nix mehr mit schwanger ...

... aber schon gar nix!

Das lässt sich gleich viel leichter verspinnen als die relativ kurzfaserige Filzwolle, schöne dünne Fäden, ohne abzureißen. Nun ja, zugegeben: Ich finde sie schön. Eine geübtere Spinnerin könnte sicher viele Fehler an meinen Fäden entdecken. Und es ist ja auch erst mein zweites Garn.
Aber vielleicht werde ich mich jetzt doch bewerben, als Norne. Die drei Damen von der Lebensquelle können nach mehr als 2000 Jahren verwirrter germanischer Schicksalsfäden sicher eine kleine Unterstützung brauchen. Und wo ich doch jetzt sooo lange Fäden spinnen kann, werden die von mir Betreuten sicher mindestens 150 werden. Das sind doch zur Abwechslung mal gute Aussichten, oder?

miscellanea

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